Gestern hatte ich einen neuen Physio-Termin, seit letzter Woche darf ich meinen Fuß nun - nach langen 6 Wochen der Nichtbelastung und des Herumliegens und Hochlagerns des operierten Fußes - langsam wieder bis zur Vollständigkeit belasten. Das geht mit Krücken gut und ich mache gute Fortschritte.
Mir fällt aber eine Sache auf: Wenn ich im Rollstuhl durch die Gegend geschoben wurde - wie zuletzt bei einem kurzen Ausflug ins Planten un Blomen, schön mit Bein hoch und den verletzten Fuß in meinem “Walker”-Stiefel eingepackt - fühlte ich mich wie ein bunter Hund auf einem Skateboard. Denn genauso wurde ich von den Menschen angestarrt. Und ja, ich meine wirklich, dass sie starrten. Meine Tochter starrte sogar einen genauso dämlich zurück an, was bei ihm zu einer Gesichtsentgleisung führte. Ich versuchte einfach gar keine Menschen anzugucken, denn ich spürte ja ihre Blicke, wie sie an mir klebten.
Ein ganz anderes Verhalten lief mir über den Weg, als ich - halb humpelnd, halb im springend - auf Krücken zu meinen Arztterminen unterwegs war (leider hatte ich mir Arzt ausgesucht, die gerne in denkmalgeschützten Altbauten residierten in denen es keine Aufzüge gab… So konnte ich immer davon ausgehen, dass ich schweißgebadet in der Praxis ankam und nach diesem Workouts für den Tag erledigt im Bett lag. Und so war sichergestellt, dass ich meinen Fuß dann auch wirklich für den Rest des Tages hochlegte.) Und die Menschen? Sie waren voller Empathie für mich, sehr freundlich, sehr hilfsbereit. Einmal wollte mir eine Frau sogar einen Stuhl aus ihrer Wohnung ins Treppenhaus stellen, damit ich mich setzten konnte.
Auch gestern, als ich aus dem Taxi stieg, Krücken voraus, direkt auf den Fahrradstreifen, lächelte die Frau, die gerade auf ihrem Rad fuhr und blieb stehen, um mir Zeit zu lassen, auf den Fußweg zu kommen, bevor sie dann fröhlich weiterfuhr. Und nun muss man einmal etwas ganz Wichtiges anmerken: Wir sind hier in Hamburg, hier hält kein Fahrradfahren an, wenn man sich auf dem Radweg befindet, nein dann treten sie noch doller in die Pedalen und klingeln wild, brüllen vielleicht noch ein “aus dem Weg”, obwohl sie gerade erst am Horizont sichtbar geworden sind. Nun, das ist die Realität in unserem schönen Hamburg. Immerhin haben die Radfahrer ja auch ihre Rechte und der Radstreifen ist ihr Recht.
Und was hat das Ganze nun mit Empathie zu tun?
Meine Krücken scheinen für die Menschen ein Signal zu sein, ihr Mitgefühl herauszuholen und ihre Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft endlich nach Außen hin zu zeigen.
Ich finde, das würde ganz generell nicht schaden. Egal auf wen man wo trifft, egal ob dieser Mensch es nun sichtbar schwer hat oder eben nicht.
Wir können nicht immer sehen, wie es unserem Gegenüber geht, wie es um diese Person steht, was er oder sie gerade durchmacht oder schon durchgemacht hat. Aber wir können davon ausgehen, dass jeder sein Päckchen mit sich trägt, manchmal ist es leicht, manchmal schwerer. Und das ist nicht immer nach Außen hin sichtbar.
Jemand, die lacht und witzig ist, der sieht man nicht an, was dahinter steckt, denn Menschen servieren nicht gerne ihr Innerstes vor andern auf dem Silbertablett.
Wir alle, egal in welchem Zustand wir sind, wir brauchen mehr Empathie und wir sollten sie auch bekommen, jeden Tag wieder aufs Neue. Denn wenn wir Empathie zeigen, macht uns das selbst zu besseren Menschen und das spüren wir, es macht etwas mit uns.
Es ist nicht nur ein Geschenk an die andere Person, sondern auch an uns selbst. Wir fühlen uns wertvoller und wir wertschätzen die andere Person, die dies auch spürt und sich wiederrum wertvoll fühlt. Und mit diesem kleinen Bisschen, machen wir unsere Welt besser und liebevoller.
Von Herzen,
Ella